Die Gemeinheitsteilung und Verkoppelung in Asendorf

Wohl das bedeutendste und einschneidendste Ereignis in der Entwicklung und im Leben der Dörfer des Lüneburger Landes waren die Gemeinheitsteilung und die Verkoppelung ihrer Feldmarken um die Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Diese Maßnahmen waren notwendig geworden, um die bisherige verworrene, unübersichtliche und unwirtschaftliche Besitzverteilung und die jedem wirtschaftlichen Fortschritt schädlichen Grunddienstbarkeiten zu beseitigen und durch eine vorteilhaftere Verteilung und Zusammenlegung der Äcker, Felder und Wiesen und durch Umwandlung des Gemeineigentums in Einzeleigentum die größtmögliche Ausnutzung von Grund und Boden zum Nutzen aller herbeizuführen.
Bei der Besiedlung des Landes in alten Zeiten hatte jeder Bauer sich dort Land genommen, es urbar gemacht und beackert, wo es ihm passte und wo er etwas für ihn brauchbares fand. Naturgemäß lagen diese Ländereien möglichst nahe beim Dorf, meistens sogar um den Hof herum. Zum Dorfe gehörten aber noch andere Ländereien, die für landwirtschaftliche Zwecke jedoch kaum oder nur in beschränktem Maße brauchbar waren, Moore, Heideland und Wald. Diese Ländereien gehörten keinem einzelnen Bauern sondern allen Bauern gemeinsam und wurden auch von ihnen gemeinsam genutzt. Es war die sogenannte Gemeinheit oder Almende. Sie diente zur Hauptsache zum Weiden und Hüten des Viehs. Die gemeinsame Benutzung der Gemeinheit führte jedoch oft zu Streitigkeiten zwischen den einzelnen Bauern, und die gemeinsamen Hüte- und Weideberechtigungen mit anderen Dörfern gaben oft Anlass zu langwierigen Prozessen zwischen den Dörfern, denn festgelegte Grenzen gab es zwischen den einzelnen Dörfern damals noch nicht. Weiter kam hinzu, dass einzelne Bauern im Laufe der Jahrhunderte mehr oder weniger große Stücke oder Streifen Landes erworben und urbar gemacht hatten, die aber oft so weit verstreut lagen, dass eine nutzbringende Bewirtschaftung kaum möglich war.
Um diese Missstände zu beseitigen und insbesondere die Bebauung der unabsehbaren Heideflächen zu fördern, erstrebte der hannoversche König Georg III. die Verteilung der Gemeinheit an alle Bauern und die Verkoppelung, d.h. die Zusammenlegung der verstreut liegenden Äcker zu möglichst einheitlichen und geschlossenen Ackerfluren. Zu diesem Zwecke erließ die hannoversche Regierung bereits im Jahre 1767 ein entsprechendes Ausschreiben und im Jahre darauf eine Verordnung über das für die Teilung und Verkoppelung einzuschlagende Verfahren. Weitere Ausschreiben aus den Jahren 1776, 1780 und 1790 empfahlen den Ämtern dringend, diese Maßnahmen in jeder Weise zu fördern, da es der Wunsch des Königs sei. Jedoch stellten sich dem erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Insbesondere leisteten die Bauern selbst heftigen Widerstand, weil sie, am Althergebrachten festhaltend, allen Neuerungen misstrauisch gegenüberstanden und die Vorteile nicht erkennen wollten. Ein großes Hindernis bildeten auch die verschiedenen grund- und gutsherrlichen Rechte und die kirchlichen Zehntrechte. Deshalb mussten erst einmal diese Berechtigungen durch gesetzgeberische Maßnahmen beseitigt werden. Dies geschah durch die verschiedenen Ablösungsgesetze. Nach der Durchführung der Ablösung endlich konnten die Teilung und Verkoppelung ernstlich in Angriff genommen werden.
Im Jahre 1842 erließ die hannoversche Regierung das ,,Gesetz über die Zusammenlegung der Grundstücke und das Verfahren in Gemeinheitsteilungs- und Verkoppelungssachen", das am 1. Mai 1843 in Kraft trat. Inzwischen hatten auch die Bauern die Vorteile und die Nützlichkeit der geplanten Maßnahme erkannt. Wohl zeigten sich bei der Durchführung noch erhebliche Schwierigkeiten, die jedoch bei allseitigem guten Willen allmählich beseitigt werden konnten.
In Asendorf begannen die Verhandlungen im Jahre 1844. Die Arbeit war äußerst schwierig und langwierig. Alle Ländereien des ganzen Dorfes mussten einzeln genau vermessen taxiert, klassifiziert und schließlich den neuen Besitzern angewiesen werden. Die Leitung der ganzen Arbeit lag in den Händen der von der Landdrostei in Lüneburg eingesetzten Teilungskommission, die aus dem Amtsassessor Erdmann zu Winsen a. d. Luhe als rechtskundigem Mitglied und dem Landesökonomie-Commissaire Helmers zu Lüneburg als landwirtschaftlichem Mitglied bestand.
Die Arbeit begann mit der Generalteilung, d.h. mit der genauen Festlegung der Grenzen des Dorfes gegenüber den Nachbardörfern. Mit den Nachbargemeinden Jesteburg, Lüllau, Wiedenhof und Schierhom waren bereits in den Jahren 1827/28 infolge häufiger Streitigkeiten über die gemeinsamen Hütungsbezirke Verhandlungen über die Auseinandersetzung und Grenzziehung eingeleitet worden Durch einen vor dem Amt Winsen geschlossenen Vergleich vom 2. Juni 1828 endlich wurden diese Streitigkeiten beendet und die uralten gemeinschaftlichen Hüte- und Weidebezirke zwischen den genannten Dörfern und Asendorf genau abgegrenzt. Übrig blieb noch die Grenzauseinandersetzung mit Dierkshausen, Marxen und Schmalenfelde. Hierbei ergaben sich Schwierigkeiten besonders mit Dierkshausen, die aber nach vielfachen Verhandlungen, Besprechungen und Besichtigungen durch Beschluss der Teilungskommission vom 18. Juni 1848 ebenfalls beseitigt werden konnten. Damit war die Generalteilung erledigt und die Grenze Asendorfs endgültig festgelegt.
Nun konnten die Vorarbeiten für die Spezialteilung, d.h. die Aufteilung der Gemeinheiten und die eigentliche Verkoppelung, die Zusammenlegung und Zuteilung der Ländereien nach Bodenarten an die einzelnen Besitzer in Angriff genommen werden. Da niemand geschädigt werden sollte, mussten die Sachverständigen zuerst genau feststellen, wie viel Gartenland, Ackerland, Wiesen, Anger- und Heideboden nach Größe und Güte jeder einzeln Bauer bisher besessen hatte. Dann nahm man die Verteilung der gesamten Bodenarten entsprechend dem Wert des früheren Besitzes des einzelnen vor. Endlose Verhandlungen, Vernehmungen und Vermessungen waren die Folge. Jeder Berechtigte hatte Wünsche, Klagen und Beschwerden vorzubringen, die genau geprüft und bereinigt werden mussten, bis endlich im Jahre 1852 die Arbeiten restlos zu Ende geführt und das Ergebnis in dem ,,Receß über die General-Theilung der Gemeinheiten zwischen den Gemeinden Asendorf, Dierkshausen und Schmalenfelde, sowie über die Special-Theilung der Gemeinheiten und Verkoppelung der Feldmark der Gemeinde Asendorf" niedergelegt werden konnte. Der Receß kam am 11. März 1852 zustande und wurde am 29. April 1852 von der Königlich Hannoversche Landdrostei endgültig bestätigt. Dieses ebenso ausführliche wie lange Schriftstück wird heute noch im Gemeindearchiv verwahrt.
Damit war nun endlich mit den früheren verworrenen Besitzverhältnissen, Unklarheiten und daraus möglichen Streitigkeiten aufgeräumt. Zugleich war nun der Bauer in Verbindung mit der Ablösung der verschiedensten Lasten endlich in den uneingeschränkten Besitz seines Hofes gelangt und war damit alleiniger Herr auf seinem Grund und Boden.
Die Teilung und Verkoppelung hatten nicht nur eine tief einschneidende Umstellung der gesamten bäuerlichen Wirtschaftsführung zur Folge, sondern sie gaben dem Dorf, durch die erheblichen Besitzveränderungen, deren Abgrenzung, die Beseitigung alter und die Anlage neuer Wege und Straßen, ein ganz neues Bild. Leider aber verlor das Landschaftsbild durch die neuen mehr geradlinig angelegten Straßen und Wege und insbesondere durch die Beseitigung der vielen bisher zur Abgrenzung der einzelnen Ackerstücke dienenden Buschhecken sehr viel an Abwechslung und Schönheit, die besonders von Naturfreunden sehr bedauert wurde. Hermann Löns, unser alter Heidewanderer und Dichter, hat seine Verärgerung über die Verkoppelung in folgenden Versen zum Ausdruck gebracht:

Es geht ein Mann durch das bunte Land,
die Messkette hält er in der Hand.

Sieht vor sich hin und sieht sich um:
,,Hier ist ja alles schief und krumm!"

Er misst wohl hin und misst wohl her:
,,Hier geht ja alles kreuz und quer!"

Er blickt zum Bach im Tale hin:
,,Das Buschwerk dort hat keinen Sinn!"

Zum Teiche zeigt er mit der Hand:
,,Das gibt ein Stück Kartoffelland!"

Der Weg macht seinen Augen Pein:
,,Der muss fortan nur grade sein!"

Die Hecke dünket ihm ein Graus:
,,Die roden wir natürlich aus!"

Der Waldbirnbaum ist ihm zu krumm:
,,Den hauen wir als ersten um!"

Die Pappel scheint ihm ohne Zweck:
"Die muss da selbstverständlich weg!"

Und also wird mit vieler Kunst
die Feldmark regelrecht verhunzt!

Doch der Zweck der vieljährigen Arbeit, die Förderung und Verbesserung der Bewirtschaftung zum Nutzen aller Beteiligten und der Gesamtheit, war vollauf erreicht.
Die langwierigen und vielseitigen Arbeiten waren naturgemäß mit erheblichen Kosten verbunden. Sie betrugen für Asendorf insgesamt 1946 Reichstaler, 23 Gutegroschen und 7 Pfennige. Nach § 4 des Teilungsplanes und § 27 des Teilungsrezesses mussten die Kosten von allen Beteiligten nach dem Verhältnis des Kuhweidenwertes (d.h. ihres Besitzzuwachses) getragen werden.